Interkulturelle Kompetenz für die kulturelle Erwachsenenbildung
Allgemeingültige Konzepte für interkulturelle Kompetenz fehlen
Zu Beginn beleuchten die beiden Herausgeberinnen Hoffmeier und Smith die Schwachstellen des Konzepts "Interkulturelle Kompetenz" und untersuchen dabei die daraus folgenden Konsequenzen für die Praxis. So erwähnen sie, dass obwohl interkulturelle Kompetenz vermehrt als "Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts" bezeichnet wird, im Bereich der Forschung immer noch allgemeingültige Konzepte fehlen, um interkulturelle Kompetenz zu beschreiben und zu vermitteln.
Daraus ergaben sich für die Projektverantwortlichen Schwierigkeiten, eine Fortbildungsveranstaltung zur Stärkung interkultureller Kompetenzen für MitarbeiterInnen der am Projekt beteiligten Institutionen zu konzipieren. Nach ausführlichen Recherchearbeiten stellten sie aus unterschiedlichen methodischen und inhaltlichen Bausteinen verschiedener Disziplinen (Vorträge, Diskussionen, Rollenspiele, Videoanalyse etc.) eine Fortbildungsreihe mit vier Modulen zusammen. Erweiterte Inhalte wie Kommunikationstechniken (aktives Zuhören, gewaltfreie Kommunikation etc.), die Diagnose von Lernstilen sowie Kurzworkshops in den Bereichen Film, Theater, Marketing und Bildkompetenz rundeten die Fortbildung ab.
Arbeitshilfe für die Praxis
Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeitshilfe stellen VertreterInnen der beteiligten Einrichtungen ihre Praxisprojekte vor. Darin halten sie ihre Erfahrungen und Erkenntnisse fest und sprechen, wenn möglich, Empfehlungen für die Praxis aus. Beispielsweise erzählen sie von der erstmaligen Begegnung mit dem Lernfeld "Interkulturelle Kompetenz", daraus resultierenden Startschwierigkeiten und häufigen Fehlern. Ein Bericht befasst sich hier beispielsweise mit der interkulturellen Öffnung in ländlichen Gebieten und beschreibt damit verbundene Hemmnisse (z.B. Gemeinden von Projektidee zu begeistern) und Chancen (z.B. überschaubare Gegebenheiten, deutlicher erkennbare Bedürfnisse etc.).
Ein weiteres Thema in diesem Band ist die bedarfsgerechte Angebotsentwicklung. Hier beschreiben die AutorInnen, wie sie beispielsweise Medienkompetenz-, Schreib- oder Malworkshops konzipiert haben. Auch die Frage nach kultureller Teilhabe findet in der Publikation Platz. Hier berichten die ProjektteilnehmerInnen beispielsweise von der Entwicklung eines Konzepts für interkulturelle Stadtführungen.
An den Lebenswirklichkeiten der TeilnehmerInnen ansetzen
Die wichtigste Empfehlung der VertreterInnen der beteiligten Institutionen lautet, sich mit den Lebenswirklichkeiten der Zielgruppe vertraut zu machen, um diese adäquat erreichen zu können. Die Beteiligten stimmen überein, dass leichte Modifikationen innerhalb bereits etablierter Strukturen nicht ausreichen, um eine kaum bis gar nicht erreichte Zielgruppe anzusprechen. Strukturen und Planungsrhythmen von Erwachsenenbildungseinrichtungen müssen flexibel gestaltet werden, das betrifft beispielsweise Veranstaltungsformate und deren Rahmenbedingungen (genaue Anfangs- und Endzeiten, fest eingeteilte Räume, MindestteilnehmerInnenzahlen usw.), aber auch Orte, an denen Bildungsangebote veranstaltet werden.
Zeit und Kooperationen stellen demnach die wichtigsten Ressourcen in interkulturellen Bildungsprozessen dar. Vor allem Zeit und Kontinuität steigere gegenseitiges Vertrauen und führe zu einer für beide Seiten gewinnbringenden Zusammenarbeit, liest man im Buch.
Aufbau der Publikation
Der Band gliedert sich in insgesamt fünf Teile. Nach der Einführung erfolgt in Teil zwei eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff "Interkulturelle Kompetenz". Anschließend berichten in Teil drei die Projektbeteiligten von der praktischen Umsetzung von interkulturellen Bildungsangeboten. Nach dem Schlusswort von Dolores Smith, eine der Herausgeberinnen des Werkes, bildet der fünfte Teil das Schlusskapitel der Publikation. Hier resümiert die wissenschaftliche Projektbegleitung strukturelle und inhaltliche Aspekte, die maßgeblich zum Gelingen interkultureller Bildungsarbeit beitragen. Eine DVD mit fünf Filmen zu den vorgestellten Projekten ergänzt den Band.
Projekt der KBE
Die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft (KBE) aus Deutschland führte von 2010 bis 2013 das Projekt "Interkulturelle Kompetenzen in der Weiterbildung im Bereich der Kulturellen Erwachsenenbildung" durch. Menschen mit Migrationsbiografie sollte die Teilhabe an Teilbereichen der Erwachsenenbildung ermöglicht werden, in denen sie bisher aus verschiedenen Gründen unterrepräsentiert sind. Hier stand vor allem der Bereich der Kulturellen Bildung im Fokus, für den sie als Teilnehmende und/oder als DozentInnen gewonnen werden sollten.
Hoffmeier, Andrea/Smith, Dolores (Hg.) (2013): Interkulturelle Kompetenz und Kulturelle Erwachsenenbildung. Erfahrungsfelder, Möglichkeitsräume, Entwicklungsperspektiven. Reihe EB-Buch, Band Nr. 33. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG. 223 Seiten, EUR 29,90, ISBN 978-3-7639-5233-5.
Hinweis: Dieser Beitrag beruht auf der Lektüre eines Rezensionsexemplars, das der Redaktion vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
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