Repariert statt weggeworfen!

07.11.2014, Text: Michaela Habetseder, Salzburger Bildungswerk/Ring ÖBW
Das Tiroler Bildungsforum macht's möglich: Im Repair Café wird jetzt auch in Tirol repariert statt weggeworfen.
Defektes nicht wegwerfen, sondern unter Anleitung reparieren
Foto: (C) Bildungsforum/Koffou
"Gemeinschaftliches Reparieren kann ungeheuer gewinnbringend sein": Das meint nicht nur Wolfgang Heckl in seinem Buch "Kultur der Reparatur". Dieser Ansatz wird im Repair Café gelebt. Das Tiroler Bildungsforum hat diese aus Holland stammende Idee aufgegriffen und in sein Angebot aufgenommen. Im Repair Café wird auf neuartige Weise Gemeinsamkeit (durch das Konzept Café), Nachhaltigkeit und Umweltschutz (durch das Reparieren) und Community Education (durch das gemeinsame Handeln von BürgerInnen) vereint.

Gemeinsam reparieren
Defekte Toaster, Hosen mit aufgerissenen Nähten, wackelige Hocker, ein altes Fahrrad mit einem "Achter" … vieles wandert bei uns auf den Müll. Und dabei könnten viele Dinge mit einer einfachen Reparatur noch instandgesetzt werden. "In einem Repair Café warten diverse Spezialisten wie ElektrikerInnen, NäherInnen, Holzfachleute, Fahrrad-BastlerInnen oder EDV-Fachleute auf die defekten Dinge, die sie dann gemeinsam mit den BesucherInnen begutachten und versuchen, wieder instand zu setzen", informiert Julia Janovsky vom Tiroler Bildungsforum. Die Fachleute arbeiten ehrenamtlich, Werkzeug und kleinere Ersatzteile werden für etwaige Reparaturen vor Ort zur Verfügung gestellt und ganz wichtig: Die Reparaturen sind kostenlos (freiwillige Spenden sind natürlich willkommen).
Ob die Reparatur schlussendlich gelingt, können die Organisatoren des Repair Cafés nicht versprechen. Wichtiger ist vielmehr, dass der Besucher die Einstellung zu defekten Dingen ändert: Sie werden nicht mehr sofort weggeworfen, sondern erhalten eine zweite Chance.

Gemeinsam lernen
Ein wieder instandgesetztes Gerät hat für den Besucher/die Besucherin des Repair Cafés einen unmittelbaren, greifbaren Nutzen. Im Hintergrund steht aber ein noch viel größerer Mehrwert: ExpertInnen leiten BesucherInnen zur Selbsthilfe an. Bei den ersten Repair Cafés wurde dieses Angebot bereits begeistert umgesetzt: Kinder und Jugendliche öffneten mit Schraubenziehern die Gehäuse, Männer retteten ihre Lieblingshosen, indem sie sich unter Anleitung selber eine Naht mit der Nähmaschine machten, Frauen wagten sich begeistert an das "Männerthema" Elektrik, gemeinsam wurde nach Ersatzteilen im Internet gesucht, manche Anleitung wurde gegeben, die zu Hause selber umgesetzt wird. Julia Janovsky: "So lernen Menschen im Repair Café, Gegenstände auf andere Weise wahrzunehmen und die Hilflosigkeit gegenüber der Technik wird durch gemeinsames Agieren abgelegt, Hemmschwellen zum Schrauben und Nähen abgebaut".

Gemeinsam sein
Und all das findet in der gemütlichen Atmosphäre eines improvisierten Cafés statt. "Dort werden", informiert Julia Janovsky, "Themen diskutiert, das von unseren Sponsoren bereitgestellte Infomaterial gesichtet, im Angebot der Repair Café-Bibliothek geschmökert oder einfach nur ein Kaffee getrunken und ein Kuchen gegessen".

Unterstützt wird das Projekt vom Land Tirol, das in dem Projekt ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit sieht: Eine verlängerte Lebensdauer von Gebrauchsgegenständen trägt zu einem geringeren Abfallaufkommen bei und natürliche Ressourcen wie z.B. Metalle, Kunststoffe, Wasser oder Energie werden geschont. Konsumenten sparen Geld, wenn Geräte länger verwendet werden, und auch die Gemeinden müssen weniger Geld für die Abfallentsorgung aufwenden. Die BesucherInnen des Repair Cafés werden dazu angeregt, kaputte Gebrauchsgegenstände reparieren zu lassen anstatt sofort neue zu kaufen, was wiederum dem Schuster, Tischler oder Schneider vor Ort zugutekommt und die lokale/regionale Wirtschaft stärkt. Nicht zuletzt hat das Repair Café auch einen hohen sozialen Mehrwert: Die Menschen in den Gemeinden begegnen sich und tauschen sich über dieses Thema aus. Deshalb trägt das Repair Café auch in hohem Maß zur Bewusstseinsbildung und zur Reflexion des eigenen Konsumverhaltens, unseres Ressourcenverbrauches und des vorherrschenden Wirtschaftssystems bei. Und darüber hinaus fördert das Repair Café auch das Ehrenamt, das als "Kitt der Gesellschaft" einen wesentlichen Beitrag zum Sozialkapital unseres Landes leistet.

 

Als weiterer Projektpartner konnte die Abfallwirtschaft Tirol Mitte gewonnen werden.

Gemeinsame Zukunft
Das Projekt wurde vom Tiroler Bildungsforum von Anfang an als offenes "Mitmachprojekt" für alle ausgeschrieben. Und so konnten bei Vernetzungstreffen weitere Standortgastgeber für Repair Cafés gewonnen werden. Heuer können in Tirol bereits 16 Repair Cafés durchgeführt werden, für das Jahr 2015 ist der Veranstaltungskalender gut gefüllt. Julia Janovsky: "Das Tiroler Bildungsforum unterstützt die Gastgeber in rechtlicher Hinsicht, es erarbeitet Unterlagen und Ausstattungsmaterialien, stellt einen Organisationsleitfaden und Werbematerial zur Verfügung und koordiniert die einzelnen Repair Cafés, um der Bevölkerung in den einzelnen Regionen ein optimales Service zu bieten".

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