eBook: Erwachsenenbildungspolitik in der EU

27.10.2014, Text: Karin Kulmer (seit 05/2023: Karin Lamprecht), Redaktion/CONEDU
Wie die EU Strategien u. Richtlinien zur Erwachsenenbildung erstellt und welchen Einfluss aktuelle Entwicklungen auf die europ. EB-Politik haben sind Themen einer Online-Publikation.
Foto: (C) iStockphoto.com/FotografiaBasica
Die europäische Erwachsenenbildungspolitik aus verschiedenen Blickwinkeln
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Die immer stärkere Vernetzung von Bildung in der EU beeinflusst die Werte, die dem europäischen Bildungsverständnis zugrunde liegen. Die AutorInnen eines jetzt auf Englisch vorliegenden Sammelbandes "Adult Education Policy and the European Union" gehen der Frage nach, welche Einflüsse auf die Erwachsenenbildungspolitik der EU wirken. Dabei werfen sie einen kritischen Blick auf die europäische Tendenz, Erwachsenenbildung mit Bildung für ökonomische Wettbewerbsfähigkeit gleichzusetzen.

 

Entwicklung der europäischen Erwachsenenbildungslandschaft

Die europäische Erwachsenenbildungslandschaft ist historisch aus Nationalstaaten gewachsen. In den 1970er Jahren wurde im Rahmen der europäischen Integration damit begonnen, eine gemeinsame Bildungsstrategie zu entwickeln. Aufgrund des wirtschaftlichen Fokus der europäischen Gemeinschaft stand dabei eine berufliche Bildung im Zenrum der nationenübergreifenden Zusammenarbeit. Die heutige Erwachsenenbildungspolitik der EU ist ein Ergebnis dieser historischen Einflüsse sowie der Interaktionen zwischen europäischen PolitikerInnen, BürgerInnen und Mitgliedsstaaten. Erwachsenenbildung ist heute EU-weit stark vernetzt und mit dem Konzept des Lebenslangen Lernens (LLL) verknüpft.

 

Ein kritischer Blickwinkel

Die Verknüpfung von Erwachsenenbildung und LLL-Strategie auf EU-Ebene bringt nach Meinung der AutorInnen nicht nur Positives mit sich. (Erwachsenen-)Bildung vorwiegend ökonomisch zu verstehen, sei nicht im Sinne aller EU-BürgerInnen. Ein gemeinsames LLL-Konzept der EU berge die Gefahr, dass "von oben" festgelegt würde, welches Wissen für EU-BürgerInnen wichtig und relevant sei. BürgerInnen, die dieses Wissen nicht erwerben könnten oder wollten, würden damit von Bildung ausgeschlossen. Die AutorInnen möchten mit der Publikation anregen, dass der Zugang zu Bildung und Bildungsforschung im EU-Kontext hinsichtlich der zugrundeliegenden Werte wie auch der Forschungsmethoden kritisch hinterfragt wird.

 

Aufbau der Publikation

Das e-book gliedert sich in vier Teile zu je zwei Kapiteln, die jeweils einen Anknüpfungspunkt von Erwachsenenbildung in der EU diskutieren.

 

Palle Rasmussen, dänischer Bildungswissenschafter und Professor an der Aalborg University, beschäftigt sich im ersten Kapitel mit der Entwicklung von EU-Richtlinien zum Thema Erwachsenenbildung und deren möglichen Auswirkungen auf zukünftige Bildungsinitiativen. Vida Spolar, slowenische Erwachsenenbildungsforscherin, und John Holford, Professor für Erwachsenenbildung an der Universität Nottingham, gehen im zweiten Kapitel auf die intellektuellen und politischen Hintergründe der LLL-Agenda ein. Im dritten Kapitel beleuchtet Malgorzata Klatt, Forschungsbeauftragte an der Universität Melbourne, die Arbeitsweise der EU aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive, während sich Marcella Milana, Erwachsenenbildungsforscherin an der dänischen Aarhus University, im vierten Kapitel die Zusammenhänge zwischen Staatentheorie, European Studies und Bildung herausarbeitet.

 

Romuald Normand, Professor der Soziologie, und Ramón Pacheco, Forschungsbeauftragter (beide Universität Straßburg) diskutieren im fünften Kapitel, wie gerecht das gegenwärtige LLL-System im Angesicht des "neuen Geistes des Kapitalismus" sein kann. Andreas Fejes, Professor für Erwachsenenbildungsforschung an der Universität Linköping, widmet das sechste Kapitel der Frage, wie Veränderungen in der sozio-politischen Landschaft öffentliche und private Interventionen im Lernen beeinflussen. Im siebenten Kapitel untersucht Pia Cort, Bildungs- und Organisationswissenschafterin an der Aarhus University, welche Methoden aus anderen Disziplinen für die Erwachsenenbildungsforschung genutzt werden können. Evangelia Koutidou, Rechtssoziologin und Erwachsenenbildnerin, stellt im achten Kapitel einige Forschungsinstrumente aus der Rechtssoziologie vor, die sich ebenfalls für Forschungsprojekte in der Erwachsenenbildung eignen.

 

Abschließend fassen die HerausgeberInnen - Milana und Holford - die wichtigsten Erkenntnisse in einer Conclusion zusammen. Der Grundtenor aller Beiträge: Die bisherige Erwachsenenbildungsforschung habe sich noch nicht hinreichend mit der Rolle der EU beschäftigt, die einen wichtigen Einfluss auf die Erwachsenenbildungspolitik ausübt. Zukünftig sei es nötig, den interdisziplinären Dialog zu stärken, um bestehende Lücken in der Forschung zu schließen und negativen Tendenzen entgegenzuwirken.

 

Fazit

Das eBook beschreibt auf 179 Seiten detailliert die Funktionen und Wirkungsweisen der Erwachsenenbildung in der EU. Die AutorInnen gehen dabei auf historische Entwicklungen und gegenwärtige Verflechtungen ein und zeigen, wie diese die europäische Erwachsenenbildungspolitik beeinflussen. Die bisher nur auf Englisch erschienene Publikation eignet sich für Fachpersonen aus dem Bereich (Erwachsenen-)Bildung, die ihren kritischen Blick für Erwachsenenbildung auf europäischer Ebene schärfen möchten.

 

Milana, Marcella und Holford, John [Hg.] (2014): Adult Education Policy and the European Union. Theoretical and Methodological Perspectives. Rotterdam: Sense Publishers. 179 Seiten, e-book, ISBN 978-94-6209-548-9.

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