Mehr Sprachen heißt auch: mehr Mitsprache

25.07.2014, Text: Julia Rodlauer, Online-Redaktion
Projekt half Migrantinnen, ihre sprachlichen Ressourcen zu erkennen und Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe sowie am Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Teilnehmerinnen werden unterstützt, ihre sprachlichen Ressourcen zu nutzen
Foto: (C) LEFÖ/2014
Das Projekt "Mehr Sprache = Mehr [Mit]Sprache ? Mehrsprachigkeit im Lebenslangen Lernen verankern" initiierte unter der Leitung des Vereins LEFÖ einen Zugang zu und eine Auseinandersetzung mit Mehrsprachigkeit im Kontext von Migration und Erwachsenenbildung.

 

Neue Deutsch-Sprachkursmodelle für Migrantinnen

Im LEFÖ-Lernzentrum fanden neue Deutsch-Sprachkursmodelle für Fortgeschrittene auf den Sprachniveaus A2+ und B1 statt. "Das Besondere und Innovative an dieser Maßnahme ist, dass sie nicht nur ein besonderes Augenmerk auf die Festigung und den Ausbau von Basisbildungskenntnissen legt, sondern dass sie auch darauf ausgerichtet ist, die umfassende gesellschaftliche Teilhabe der Migrantinnen zu fördern", berichtet Renate Blum vom Verein LEFÖ.

 

Dies geschehe dadurch, dass die Maßnahme auf einem Konzept "Politische Bildung von und für Migrantinnen" beruht. Dieses Konzept nimmt das Wissen, die Erfahrungen, die Kompetenzen und die Bedürfnisse der Migrantinnen durchgehend ernst und verbindet sie mit den strukturellen gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, in denen die Zielgruppe verortet ist.

 

Innerhalb des Kursmodells B1 bot das Lernzentrum den Teilnehmerinnen die Möglichkeit, sich begleitend in Kleingruppen und/oder auch individuell auf das Österreichische Sprachdiplom Zertifikat sowie auf die Österreichische Staatsbürgerschaftsprüfung vorzubereiten.

 

Neue Unterrichtsmaterialen unterstützen Lehrende

Für Lehrende von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) bietet das Projekt neue, wissenschaftlich begleitete DaZ-Materialien mit methodisch-didaktischen Anregungen, welche die migrationsgesellschaftlichen Wirklichkeiten berücksichtigen. Die Materialien beziehen sich auf Themenfelder wie Geschichte/Erinnerungsarbeit/Biografiearbeit, Orte/Räume oder Ökonomie und wurden in beiden Sprachkursangeboten berücksichtigt und umgesetzt. Diese Unterlagen stehen kostenlos zum Download bereit.

 

Nachhaltigkeit braucht Sprachenvielfalt

Im Teilprojekt des Vereins Peregrina vernetzten die Mitarbeiterinnen Frauen mit Migrationsbiografie mit Multiplikatorinnen aus dem Umweltsektor. Ziel war, das Berufsspektrum der Frauen, vor allem im Bereich "green jobs", zu erweitern und der Dequalifizierung von Migrantinnen entgegenzuwirken.

 

Dazu bot Peregrina Bildungs- und Berufsberatung für Migrantinnen mit dem Schwerpunkt "green jobs" und Mehrsprachigkeit an. Für Interessierte bestand außerdem die Möglichkeit, den Lehrgang "Mehrsprachige Wissensvermittlerin in Umweltfragen" zu absolvieren. Insgesamt nahmen 21 Frauen an den zwei Durchgängen des Lehrgangs teil.

 

Inhalte des Lehrgangs waren Themen der Nachhaltigkeit wie beispielsweise Klimaschutz, Recycling oder gesundes Wohnen, eine Einführung in Recherche-, Kommunikations- und Präsentationsmethoden sowie die Durchführung eines Kleinprojekts zu einem selbstgewählten Umweltthema.

 

Weiters veranstaltete der Verein Workshops zu Nachhaltigkeit, Diversität und Mehrsprachigkeit, um bereits agierende Multiplikatorinnen im Umweltsektor in ihren Diversity-Management-Kompetenzen zu fördern.

 

Dass diese Arbeit sensibilisiert, weiß Renate Blum zu berichten: "Die Frauen haben am Beginn des zweiten Workshoptages bereits erzählt, dass sie beim Einkaufen von Schuhen für ihre Kinder herauszufinden versuchten, woher die Schuhe kommen und wo sie produziert wurden."

 

Maßnahmenkatalog für Wissenstransfer zu Nachhaltigkeit

Zusätzlich zum Lehrgang und den Workshops erarbeitete Peregrina einen Maßnahmenkatalog "Wissenstransfer zu Nachhaltigkeit in MigrantInnencommunities", den der Verein im Rahmen der Abschlussveranstaltung seines Teilprojektes im Mai 2014 präsentierte.

 

Der Katalog beinhaltet Informationen zum Projekt, zur Entwicklung des Kataloges selbst, Präsentationen einzelner Projekte der Lehrgangsteilnehmerinnen sowie 100 Maßnahmen/Empfehlungen für das Mainstreaming von Nachhaltigkeit in MigrantInnencommunities inklusive Best-Practice-Beispielen in den Sprachen Deutsch, Türkisch und Serbokroatisch. Der Katalog steht demnächst auf der Webseite von Peregrina zum Download bereit bzw. kann als pdf-Datei angefordert werden.

 

Das Teilprojekt von Peregrina wurde im Projektzeitraum als UN-Dekadenprojekt ausgezeichnet.

 

Ökonomisches Wissen erweitern

Für Frauen mit türkischem Migrationshintergrund und elementaren Kenntnissen in der Zweitsprache Deutsch bot der Verein "Miteinander Lernen ? Birlikte Ö?renelim" Workshops zum Thema Wirtschaft an. Migrantinnen sollten hierbei mehr Kenntnisse über globale Veränderungen in der Wirtschaft erlangen und aktiver am gesellschaftlichen Leben im Zuwanderungsland teilnehmen.

 

Insgesamt veranstaltete Miteinander Lernen vier Workshops mit je acht Frauen. Mit praxisorientierten und planspielerischen Methoden erläuterten und reflektierten die Teilnehmerinnen Begriffe wie Verschuldung, Globalisierung, Einkommensschere, Mindestsicherung, Kollektivvertrag oder Steuern. Die Verbindung zur eigenen Lebenspraxis wie beispielsweise Kredit, Bürgschaft, Schulden oder Kinderbeihilfe war hier wesentlicher Bestandteil.

 

22 Multiplikatorinnen in der Erwachsenenbildung

Der Verein Orient Express entwickelte ein Lehrgangscurriculum zur "Multiplikatorin in der Erwachsenenbildung" für junge Frauen zwischen 20 bis 30 Jahren mit Migrationsgeschichte und organisierte zwei Durchgänge dieses Lehrgangs.

 

Im Lehrgang erlernten die insgesamt 22 Teilnehmerinnen Moderations- und Präsentationstechniken sowie das Leiten von Gruppen und erwarben Kenntnisse über Grundlagen der Beratungsarbeit. Die Trainerinnen unterstützten sie dabei, bereits vorhandene persönliche Ressourcen wie Mehrsprachigkeit oder Begleitungs- bzw. Übersetzungstätigkeit im privaten Umfeld zu erkennen und diese für ihre künftige berufliche Laufbahn zu nutzen.

 

Die Lehrgangsteilnehmerinnen veröffentlichten einmalig nach Abschluss des Lehrgangs die Zeitschrift "SpracheN mit persönlichen Einblicken", die hier kostenlos zum Download bereit steht.

 

Das Projekt "Mehr Sprachen = Mehr [Mit]Sprache"

Der Verein LEFÖ ? Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen war Projektträger von "Mehr Sprachen = Mehr [Mit]Sprache". Als Partner waren die Vereine Peregrina ? Bildungs-, Beratungs- und Therapiezentrum für Immigrantinnen, Orient Express ? Beratungs-, Bildungs- und Kulturinitiative für Frauen sowie Miteinander Lernen ? Birlikte Ö?renelim beteiligt.

 

Das Projekt, das am 01. Februar 2012 startete und bis 30. Juni 2014 lief, gliederte sich in Teilprojekte, die jeweils von den einzelnen Projektpartnern übernommen wurden. Das Bundesministerium für Bildung und Frauen (BMBF) und der Europäischen Sozialfonds (ESF) förderten das Projekt.

 

Ein Handbuch zu "Mehrsprachigkeit und Diversity" mit Workshopkonzepten, Methoden und Übungen ist nach Projektende auf der Projekt-Blogseite abrufbar.

Weitere Informationen: