Bildungspolitik von oben und von unten gemacht

26.02.2013, Text: Bianca Friesenbichler u. Wilfried Hackl, Redaktion/CONEDU
Frei verfügbares Online-Magazin beschreibt Selbst- und Fremdsteuerung der Erwachsenenbildung durch das Konzept der "Governance".
Governance - neue Art des Regierens?
"Governance" meint eine neue Art des Regierens in einer komplexer werdenden Welt: Nicht Staat und Markt lenken und steuern, sondern Netzwerke und Gemeinschaften sollen dies tun. Gerade der als non-formal bezeichnete Sektor der Erwachsenenbildung - lange Zeit außerhalb des bildungspolitischen Fokusses der Regierungen gelegen - weist vielfältige Formen der Selbststeuerung auf. Doch das Bild wandelt sich: Bund und Länder nehmen angesichts des Wandels zur Wissensgesellschaft zunehmend Einfluss auf diesen Bildungsbereich und kreieren dafür komplexe Abstimmungs- und Regelungsmechanismen, die Anleihe bei Wirtschaft und Verwaltung nehmen. Die AutorInnen der neuen Ausgabe des "Magazin erwachsenenbildung.at" (Meb) schaffen Bewusstheit für das vielfältige und oft widersprüchliche Wesen der Governance in der Erwachsenenbildung. Sie beschreiben anschauliche Beispiele und nehmen kritische Analysen vor. Ausgabe 18 steht ab sofort kostenlos unter www.erwachsenenbildung.at/magazin zum Download bereit und ist auch als Druckversion zum Selbstkostenpreis von EUR 13,20 erhältlich.

Governance in der Erwachsenenbildung
Die aus zivilgesellschaftlichen Initiativen und Interessenvertretungen - also "von unten" - entstandene Erwachsenenbildung weist seit jeher Merkmale von Governance auf. Die Bedingungen, unter denen Erwachsenenbildung organisiert wird, sind vielfach von einer kooperativen Aushandlung und Selbststeuerung bestimmt. Beispielsweise wurde schon bei Verabschiedung des Bundesgesetzes zur Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens vor 40 Jahren eine Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) eingerichtet, die bildungspolitische Anliegen der Zivilgesellschaft und der Interessenvertretungen gegenüber der Bildungspolitik vertritt und über die Verteilung von Fördermitteln verhandelt.

Nicht der Staat allein steuert
Die staatliche Einflussnahme auf die Erwachsenenbildung war lange Zeit zurückhaltend und drückte sich vornehmlich in finanziellen Zuwendungen und Anreizsystemen aus. In den vergangenen Jahren entstanden aber auch in Österreich vermehrt Ansätze zur offenen Handlungskoordination. Nicht der Staat allein steuert die Bedingungen, sondern Bund, Länder und relevante Stakeholder aus verschiedenen Netzwerken verantworten zentrale Steuerungsmechanismen gemeinsam und entwickeln sie fort.

Beispiele: Ö-Cert und Initiative Erwachsenenbildung
Aktuelles Beispiel dafür ist das Qualitätssiegel Ö-Cert, ein bundesweiter Standard für die Qualitätssicherung der Erwachsenenbildung, der bestehende Qualitätssysteme integriert. Das Vorhaben wurde im Zusammenspiel von ExpertInnen und Verwaltung entwickelt und in einem Konsultationsprozess mit den Betroffenen evaluiert, bevor es in die Umsetzung ging. Auch das Programm zur Förderung des Nachholens von Pflichtschulabschlüssen durch Erwachsene - genannt "Initiative Erwachsenenbildung" - greift seit letztem Herbst und wurde in einem mehrjährigen Prozess unter Einbindung von ExpertInnen und Anbietern entwickelt.

Mehr oder weniger Demokratie
Governance klingt nach weniger Steuerung von oben und nach mehr Abstimmung und Zusammenwirken verschiedener Akteure auf verschiedenen Ebenen - also auch von unten. Die Hierarchien werden flacher, die Mitbestimmung erhöht, die Verantwortungen geteilt - so die Theorie. Doch kritische Stimmen monieren, dass Governance nur rhetorische Ansprüche auf mehr Demokratie stelle. Stattdessen würden ungleiche Chancen verschiedener Gruppen wie etwa der Frauen oder benachteiligter Personen ausgeklammert. Die Herrschaftsmechanismen würden nur verdeckt und durch die Illusion der Selbststeuerung ersetzt.

In der Ausgabe 18 des "Magazin erwachsenenbildung.at" thematisieren 14 AutorInnen aus Wissenschaft und Bildungsmanagement den Begriff der Governance auf breiter Basis. Die Beiträge spannen auf 128 Seiten einen Bogen von der Geschichte politischer Steuerung österreichischer Erwachsenenbildung über theoretische Modelle und Ansätze von Governance bis hin zu konkreten und aktuellen Ergebnissen von Governance-Prozessen, wie der Initiative Erwachsenenbildung oder dem Qualitätsrahmen für die Erwachsenenbildung in Österreich (Ö-Cert).

Fachmedium und aktuelle Online-Information
Magazin erwachsenenbildung.at (meb) ist das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs der österreichischen Erwachsenenbildung. Es wird vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung gemeinsam mit dem BMUKK dreimal jährlich herausgegeben und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des BMUKK gefördert. Alle eingereichten Artikel durchlaufen ein Review von ExpertInnen. Das Magazin erscheint parallel zur kostenlosen Online-Ausgabe auf www.erwachsenenbildung.at/magazin auch im BoD-Verlag und ist als Druckausgabe zum Selbstkostenpreis erhältlich.

Nächste Ausgabe: Community Education & Development
Die nächste Ausgabe des Magazins im Juni 2013 wird sich unter dem Schlagwort "Community Education & Community Development" neuen Konzepten der Gemeinwesenarbeit in der Erwachsenenbildung widmen. Der Call zur Oktober-Ausgabe über Didaktik in der Erwachsenenbildung ist noch bis Anfang Juni für Einreichungen offen.

Weitere Informationen:
  • zur Ausgabe