Neuerscheinung: Diversität als Bildungsfaktor

08.02.2013, Text: Adrian Zagler, Online-Redaktion
ForscherInnen aus Österreich wollen Vielfalt als Stärke begreifen – auch im Bildungskontext.
Der Sammelband Diversität als Bildungsfaktor ist Band 14 der Reihe Schriften zum Bildungsrecht und zur Bildungspolitik. Neun AutorInnen aus dem österreichischen Hochschulbereich beschäftigen sich darin mit wichtigen Aspekten der Diversität. Während Teil 1 mit Beiträgen von Werner Lenz und Martin Gössl den Grundlagen und Definitionen von Diversität und Diversity Management nachgeht, werden im zweiten Teil des Buches die unterschiedlichen Dimensionen der Vielfalt erforscht. Konkret beleuchten die AutorInnen die Felder Religion, Alter, Geschlecht, Ethnie, Kultur bzw. Interkulturalität, Behinderung und Queerness.

Differenzen achten
Im Eröffnungsbeitrag zeichnet Werner Lenz eine kulturhistorische Geschichte des Lernens. Er betont dabei vor allem ein Bildungsziel: Individualität auszubilden und zu stärken. Problematisch werde dieses Ziel, urteilt Lenz, wenn ein Bildungssystem wie das österreichische auf Homogenität ausgerichtet sei, auch wenn es diese in der Praxis nicht gebe. Lenz und die ihm folgenden AutorInnen plädieren daher für „ein Verständnis von Bildung, das Differenzen achtet.“ Wie diese Achtung in konkrete Aktionen umgesetzt werden kann, untersucht Martin Gössl in seinem Beitrag zum Diversity Management. Unterschiede sollen nicht nur wertgeschätzt sondern auch betont werden, „normorientierte Systemklappen“ abgeschafft werden, so Gössl. Aber: „Diversität, die gesellschaftliche Vielfalt, ist und bleibt niemals zur Gänze fassbar bzw. darstellbar“.

Die vielen Dimensionen der Diversität
Im zweiten Teil des Buches widmen die AutorInnen sich unterschiedlichen Dimensionen der Diversität. Margit Tischler beleuchtet eine Vielzahl möglicher Barrieren sowie Motivationen für Fortbildung im Alter. Martha Tonsern zeichnet eine Geschichte der Frauen an den österreichischen Universitäten und geht der Frage nach, warum Frauen in Spitzenpositionen immer noch unterrepräsentiert sind. Ihr zufolge ist „Chancengleichheit letztendlich (noch?) nur eine Illusion“. Barbara Tiefenbacher und Stefan Benedik erforschen Ethnie nicht als statisches, biologisch determiniertes Konzept sondern als komplexes kulturelles Konstrukt. Konkret zeigen sie die Auswirkungen von Ethnisierung im Schulwesen am Beispiel der Roma auf.

Rupert Beinhauer widmet sich dem Kulturbegriff und den sogenannten „fuzzy cultures“. Er geht davon aus, dass eine Einzelperson vielen verschiedenen (Lern-)Kulturen angehören kann. Beinhauer ruft Lehrende auf, der Vielfalt im Klassenzimmer selbst mit didaktischer Vielfalt zu begegnen. Dazu bietet der Autor eine Reihe von Instrumenten und Denkanstößen an. Elisabeth Rieders Aufsatz widmet sich behinderten Studierenden und beleuchtet drei unterschiedliche Ansätze, Diversität im Alltag zu begreifen. Den Abschluss macht Martin Gössl mit einer Betrachtung, was queere Thematiken zum Diversity Management beitragen können.

Diversität in Aufbau und Inhalt
Durch die unterschiedliche Ausrichtung der Beiträge ergibt sich ein weitflächiges Mosaik, das Diversität von den verschiedensten Blickpunkten und Fragestellungen her beleuchtet. Obwohl in der Praxis meist mit Nachteilen behaftet, wollen die AutorInnen Diversität als Potential verstanden wissen und bieten teils konkrete Vorschläge, um besonders im Hochschulalltag konstruktiv mit Diversität umzugehen. Nicht in allen Beiträgen ist der unmittelbare Konnex zur Bildung spürbar; und selbst wenn, ist dem Hochschulbereich (der Biographie der AutorInnen geschuldet) am meisten Raum gegeben. Für TrainerInnen abseits der Universitäten zählt wahrscheinlich Rupert Beinhauers Beitrag zum interkulturellen Lernen und Lehren zu den interessanteren Aufsätzen.

Die AutorInnen

Der Initiator des Bandes, Martin Gössl, ist Historiker und Diversitätsbeauftragter an der FH Joanneum. Die AutorInnen Rupert Beinhauer, Stefan Benedik, Martin Gössl, Werner Lenz, Maryam Moazedi, Elisabeth Rieder, Barbara Tiefenbacher, Margit Tischler, Martha Tonsern stammen aus unterschiedlichen akademischen Disziplinen und haben mehrheitlich Bezug zu Grazer Universitäten und Fachhochschulen.

Prisching / Lenz / Hauser (Hrsg); Gesamtredaktion Martin Gössl (2012): Diversität als Bildungsfaktor. Schriften zum Bildungsrecht und zur Bildungspolitik. Verlag Österreich GmbH. 220 Seiten, 44 Euro, ISBN: 978-3-7046-5786-2.
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