Feier im Doppelpack: 40 Jahre KEBÖ, 5 Jahre wba
Bergauer: Gemeinsam der Erwachsenenbildung mehr Ansehen verschafft
Den Auftakt der zweitägigen Jubiläumstagung bildete ein Festakt zum 40-jährigen Bestandsjubiläum der KEBÖ. Erste Festrednerin war Angela Bergauer vom Ring Österreichischer Bildungswerke, die in den vergangenen zwei Jahren den KEBÖ-Vorsitz innehatte. Bergauer nahm die TeilnehmerInnen mit auf einen historischen Streifzug, beginnend in den 1960er-Jahren, in denen bereits öffentliches Interesse an der Erwachsenenbildung bestand. "Anliegen der KEBÖ war es immer, der Erwachsenenbildung als Teil des Bildungswesens mehr Ansehen zu verschaffen. Dies haben wir den Weiterbildungsstatistiken zufolge erreicht, real aber noch nicht adäquat", resümiert Bergauer.
Hahn: Allgemeinbildung nicht aus den Augen verlieren
Johannes Hahn, EU-Kommissar und Präsident des Rings Österreichischer Bildungswerke betonte in seiner Festrede die Qualitäten der Erwachsenenbildung für die Gesellschaft: Die Verbindung von Theorie mit Praxis und Erfahrung, die Förderung strukturschwacher Personen und Regionen und das bedarfsorientierte Angebot, das durch die spezialisierte und arbeitsteilige Bildungsarbeit der unterschiedlichen Bildungseinrichtungen möglich wird. Hahn schloss seine Rede mit dem Aufruf, nicht nur immer über formale Aspekte der Bildung, sondern auch deren Inhalte im Sinne einer Allgemeinbildung zu diskutieren: "Was ist das aktuell notwendige Maß an Wissen, um darauf aufbauend neues Wissen erwerben zu können?"
Schmied: Bildungsabschlüsse kostenlos nachholen ist neuer Erfolg
KEBÖ-Vorsitzende Bergauer zeigte sich erfreut, Bundesministerin Claudia Schmied unter den RednerInnen begrüßen zu dürfen. Schmied schloss an ihren Vorredner an: "Vielfalt ist die Stärke der KEBÖ und trifft perfekt die Bedürfnisse der Gesellschaft, die ebenso vielfältig ist", meinte Schmied. Sie betonte die Wichtigkeit eines niederschwelligen Angebots betreffend Kosten, Erreichbarkeit und Förderung des Hochschulzugangs. Durch die sg. "15a-Vereinbarung" zwischen Bund und Ländern sei es nun gelungen, das kostenlose Nachholen von Bildungsabschlüssen gemeinsam zu finanzieren.
Scheuer: Ökonomieprinzip reicht bei Bildungsfragen nicht aus
Da das Forum Katholischer Erwachsenenbildung im Rahmen der Tagung den KEBÖ-Vorsitz vom Ring Österreichischer Bildungswerke übernahm, war auch der Tiroler Bischof Manfred Scheuer als Festredner eingeladen. Bildung ermöglicht Orientierungswissen, um das eigene Leben glücklich gestalten zu können, meinte Scheuer. Das Ökonomieprinzip bei Bildungsfragen anzuwenden, sei daher keinesfalls ausreichend, was er in Abwandlung eines Zitates aus dem Johannes-Evangelium mit den Worten "Im Anfang war die Zahl" ironisierte.
Gieseke: Berufsethos ist Teil von Professionalität
"Eigentlich sollte nicht ich hier, sondern Sie in Deutschland einen Vortrag halten. Denn was Sie vor 40 Jahren geschafft haben, ist in Deutschland bis heute noch nicht gelungen", eröffnete Wiltrud Gieseke ihren Vortrag und damit den stärker inhaltlichen Teil der Tagung, der sich mit der Professionalitätsentwicklung in der Erwachsenenbildung beschäftigte. Gieseke führte theoretische Überlegungen zur Professionalisierung aus, zeigte gleichzeitig aber auch sehr konkrete Handlungsbedarfe wie die Durchführung von Mikroanalysen zur Untersuchung von Bildungsprogrammen, Angeboten und Lernprozessen auf. Darüber hinaus thematisierte sie einen Teil der Professionalität, der ihrer Ansicht nach aus dem Professionalitätsdiskurs herausgefallen sei: die ethische Berufshaltung von ErwachsenenbildnerInnen. Ein positives Menschenbild, das allen Menschen eine grundsätzliche Lernfähigkeit zutraut, die prinzipielle Wertschätzung und Anerkennung aller Menschen und ein Egalitätsbegriff für Lehrende und Lernende sind für Gieseke wesentliche Elemente dieser Berufsethik. Im Anschluss an ihren Vortrag fand eine Reihe von Workshops statt.
Reisinger: Weiterbildungsakademie ist ein international anerkanntes Erfolgsmodell
Der zweite Veranstaltungstag begann mit einen Festakt zum fünfjährigen Bestehen der Zertifizierungs- und Akkreditierungseinrichtung "Weiterbildungsakademie Österreich" (wba). Die Leiterin der wba-Geschäftsstelle, Karin Reisinger, berichtete über Entstehung und Arbeit der wba. Am 1. Februar 2007 wurde das Konzept der wba veröffentlicht und die Anmeldung begann. "Es war eine spannende Zeit. Wird sich jemand anmelden? Besteht Interesse an einem derartigen Zertifizierungs- und Akkreditierungsangebot", fragten sich die Betreiberinnen Reisinger zufolge zu jenem Zeitpunkt. Ebenso spannend sei die Umsetzung gewesen. Vom Modell der wba werde international als Vorzeigemodell gesprochen. Auch die Zahlen würden den Erfolg betonen, so Reisinger. Derzeit seien 1335 Personen zur Standortbestimmung angemeldet, über 1000 Portfolios von wba-Studierenden eingereicht, 530 Zertifikate und 134 Diplome bereits vergeben. Seitens der Anbieter gäbe es 130 Verträge mit der wba, 767 Weiterbildungsangebote für ErwachsenenbildnerInnen seien bereits akkreditiert.
Lenz: Vom Marathon zum Kurzstreckenlauf
Veränderung war der Kern des auf diesen Festakt folgenden Vortrags von Werner Lenz. Er gab seinem Publikum ein Stimmungsbild von der Gründungszeit der KEBÖ und dem Wandel, der sich seither vollzog. Als Aspekte dieses Wandels nannte Lenz die Beschleunigung, Veränderungen der Arbeitsverhältnisse - beispielsweise die Zunahme an Ein-Personen-Unternehmen -, den Wert von Zertifikaten und den (auch monetären) Wert der Bildung. Ebenso habe sich die Intensität der Arbeit in der Erwachsenenbildung durch die zunehmende Projektorientierung "vom Marathon zum Kurzstreckenlauf" verändert. Letzterem steht Lenz sehr kritisch gegenüber. Er selbst sieht sich als Marathonläufer in der Erwachsenenbildungsforschung. Kritisch nahm er auch zur nationalen Strategie des lebensbegleitenden Lernens LLL:2020 Stellung. Die Strategie spreche Problemzonen des österreichischen Bildungswesens an, beispielsweise den Übergang von der Schule in den Beruf oder die Bildung Älterer. "Ich finde, es fehlt aber an Bildungsdiskussion: Wo wollen wir hin? Was sind die Menschenbilder in der Erwachsenenbildung?"
Übergabe des KEBÖ-Vorsitzes an Hubert Petrasch
Zum Abschluss der Tagung übergab Angela Bergauer den KEBÖ-Vorsitz an Hubert Petrasch vom Forum Katholischer Erwachsenenbildung und sprach dabei ihren Dank für die hohe Bereitschaft zur Kommunikation und die gute Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsministerium aus. "Ich übergebe nun eine 40-jährige Jugendliche, die stolz ist auf eine Tochter, welche jetzt in die Pubertät kommt", schloss Bergauer. Blickt man auf die Resümmes, die anlässlich der Tagung gezogen wurden, so hat die als immer noch jugendlich empfundene KEBÖ Vieles erreicht, aber durchaus weitere Aufgaben vor sich. Die als "Tochter" bezeichnete wba ist erstaunlich schnell gereift und stellt sich schon jetzt Fragen nach ihrer zukünftigen Rolle im Konzert der Erwachsenenbildung.
Serie: 40 Jahre KEBÖ
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