Staatspreis: Innovative Institutionen der Erwachsenenbildung

08.10.2012, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Erstmals zeichnet der Staatspreis für Erwachsenenbildung auch Einrichtungen aus. Das Voting für die drei Nominierten läuft noch bis 18. Oktober.
Die drei Einrichtungen maiz, equalizent und abz*austria wurden von der Jury des Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung 2012 in der Kategorie Innovation nominiert. Alle drei Einrichtungen leisten qualitative Arbeit und richten sich an besondere Zielgruppen. Noch bis zum 18. Oktober 2012 können Interessierte im Rahmen des Publikumsvotings auf www.erwachsenenbildung.at ihre Stimme für eine der drei Einrichtungen abgeben. Das Ergebnis des Onlinevotings ist bei der schliesslichen Kür des Preisträgers gleichbedeutend einer Jurystimme.

abz*austria - Bildungsarbeit im Auftrag der Gleichstellung
abz*austria ist eine Non-Profit Frauenorganisation in Wien, die sich seit genau 20 Jahren die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zur Aufgabe macht. Geschlechtergerechtigkeit in Arbeit, Bildung und Wirtschaft ist erklärtes Ziel und Vision bis heute. "Wir versuchen mit unseren Angeboten stets sehr nahe an den Bedürfnissen und Lebenswelten der Zielgruppen zu arbeiten", erklärt Petra Endl von abz*austria. Sie führt zwei Beispiele an: Eine Bildungsmaßnahme mit 19- bis 24-jährigen Frauen und der Bildungsbus*Frauen. Da für 19- bis 24-jährige Frauen die Nutzung von Social Media zum Alltag gehört, wurden Social Media in das Lernangebot integriert und auch zur Bewerbung genutzt. Im Burgenland wurde aufgrund mangelnder Mobilität der Zielgruppe - Burgenländerinnen über 45 - ein "Bildungsbus" eingerichtet. Dieser tourte durch das Bundesland und bot den Frauen Bildungsberatung und -information direkt vor Ort.

equalizent - Qualifikationszentrum für Gehörlosigkeit, Gebärdensprache, Schwerhörigkeit und Diversity Management
equalizent ist ein Qualifikations- und Kompetenzzentrum, das Angebote speziell für gehörlose und schwerhörende Menschen anbietet. Hauptziel ist die Integration von Menschen mit Behinderung durch Barrierefreiheit des Lernens und Arbeitens. equalizent entwickelt Vorbereitungslehrgänge für Aus- und Weiterbildungen seiner Zielgruppen. "Damit begehen wir jedes Jahr Neuland", erklärt Monika Haider von equalizent. "War es im letzten Jahr die Vorbereitung zu PflegehelferInnen, ist es dieses Jahr die Vorbereitung für medizinische MasseurInnen", so Haider weiter. Bis dato gab es noch keine einzige gehörlose Person in diesen Berufen. Da noch nie gehörlose Menschen in diesen Berufsfeldern gearbeitet haben, mangle es an Fachvokabular. "Mit jedem Lehrgang entwickeln wir somit ein Stück Sprache mit und öffnen ein neues Berufsfeld für gehörlose Personen", so Haider. Mit speziellen Events wie einem jährlichen Sommerfest, Vernissagen und dem "Diversity Ball" versucht equalizent auch zur gesellschaftlichen Sensibilisierung und Anerkennung von Randgruppen beizutragen.

maiz - autonomes Zentrum von und für Migrantinnen
Der Verein maiz wurde vor 18 Jahren als Migrantinnen-Selbstorganisation gegründet. Seine Ziele sind es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Migrantinnen in Österreich zu verbessern, Wege der politischen Partizipation zu eröffnen sowie Sexismen und Rassismen zu bekämpfen. Rubia Salgado, Mitgründerin und Mitarbeiterin von maiz betont: "maiz geht es um die Darstellung von MigrantInnen als handlungsfähige Subjekte, als ProtagonistInnen ihrer eigenen Geschichte - im Gegensatz zum geläufigen Bild der MigrantInnen als Opfer und passive HilfsempfängerInnen bzw. als TeilnehmerInnen an Maßnahmen, die "für" sie konzipiert und durchgeführt werden." maiz denkt neue und alte Handlungsfelder zusammen und gestaltet sie neu. Als Beispiel führt Salgado die Verschränkung zwischen Bildungs-, Forschungs- und Kulturarbeit an. Ihr Ziel ist die aktive Beteiligung von Lernenden und Lehrenden.

"Erwachsenenbildnerische" Herausforderungen der Zukunft
Petra Endl sieht für die Zukunft einen Bedarf an mehr passgenauen Angeboten für ältere Personen. Auch der Bedarf nach mehr Frauen in Führungspositionen werde gerade in der Arbeit mit Unternehmen vermehrt sichtbar. abz*austria habe hierzu schon einige Projektideen. "Es gibt noch viel zu tun, aber wir sind auch schon gut auf Zukünftiges vorbereitet", so Endl. Monika Haider sieht in der inklusiven Erwachsenenbildung die größte Herausforderung. "Es gibt kaum Lehrmaterial für erwachsene Menschen mit Lernschwierigkeiten, für visuell orientierte Teilnehmende oder BenützerInnen von Gebärdensprache. Neue Technologien können helfen, Kommunikationsprobleme zu kompensieren", so Haider. equalizent setzt neben seiner Bildungsarbeit bei der Entwicklung solcher Medien an. Geplant sind u.a. Literatur und Materialien in Gebärdensprache auf Webapplikationen, ein interaktives Lehrbuch für mobile Endgeräte und ein Gebärdensprachlernspiel für verschiedene Appstores. Rubia Salgado kritisiert gegenwärtig ein Innovationsbestreben in der Erwachsenenbildungslandschaft, das oft übersieht, dass bewährte Methoden und Ansätze auch für aktuelle Herausforderungen zielführende Antworten bieten können. Für die Zukunft benennt sie den Abbau von struktureller Ungleichheit als zentrale Herausforderung. Hierzu werde es Räume des Dialogs, der Reflexion, der Kritik und des Entwurfs mutiger Schritte zur Veränderung gesellschaftlicher Realität bedürfen, so Salgado.
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