Globales Lernen in einem Friedenslehrgang

20.06.2012, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Innsbrucker Masterlehrgang qualifiziert für die "Friedensarbeit" durch Verbindung von Theorie und Praxis, Wissenschaft und Erwachsenenbildung.
Lehrgang Friedensforschung nimmt globale Verflechtungen in den Fokus
Internationale Verflechtungen und wechselseitige Abhängigkeiten nehmen zu. Folgen davon sind Umweltkatastrophen, Finanzkrisen und Kriege. Der Masterlehrgang "Peacestudies and International Conflicttransformation" in Innsbruck nimmt diese globalen Einflüsse und Auswirkungen in den Fokus. Er richtet sich an Menschen aus allen Nationen. "Viele der AbsolventInnen arbeiten heute in internationalen Organisationen, die sich mit Konflikt- und Friedensthemen auseinandersetzen, im diplomatischen Dienst oder in Friedensprogrammen ihres Heimatlandes", weiß Franz Jenewein, Direktor des Tiroler Bildungsinstituts Grillhof, an dem der Lehrgang stattfindet. Nächste Möglichkeit zur Bewerbung besteht wieder im Jänner 2013. Globales Lernen ist auch Thema des nächsten Magazin erwachsenenbildung.at, das Ende des Monats erscheinen wird.

Lehrgang verbindet Wissenschaft und Erwachsenenbildung
Der Lehrgang wird als Kooperation des Tiroler Bildungsinstituts Grillhof mit der Universität Innsbruck angeboten - eine "Kooperation zwischen Wissenschaft und Erwachsenenbildung", wie es Jenewein ausdrückt. Der Grillhof war nicht von Anfang an involviert. "Es fehlte der Campus, wo gemeinsam gelehrt und gelernt wird", daher sei die Universität Innsbruck an den Grillhof herangetreten. Zudem sollten auch Methoden der Erwachsenenbildung in die Lehre integriert werden.  

Akademische Ausbildung mit praktischem Training gepaart
Den Auftakt des Lehrgangs bildet ein e-Learning-Modul zur Einstufung der TeilnehmerInnen. Die Studierenden absolvieren diese von ihrem Herkunftsland aus. Die Bestgereihten werden dann nach Innsbruck eingeladen, wobei die Lehrgangsleitung auf eine gute internationale Zusammensetzung achtet. Mittels Vorlesungen, Workshops wie auch durch Lesen erarbeiten sich die Studierenden in der zweiten Phase theoretische Grundlagen. Es folgen ein Praxisteil beim Österreichischen Bundesheer, dem Roten Kreuz und der Tiroler Landesfeuerwehrschule sowie ein Camp, das die TeilnehmerInnen mit den eigenen Grenzen konfrontiert. Damit sollen die TeilnehmerInnen für den Einsatz in der praktischen "Friedensarbeit" geschult werden.

Globales Lernen im Lehrgang
"Der Lehrgang lebt stark von dem, was die TeilnehmerInnen selber einbringen", berichtet Jenewein. Die jeweils 25-30 TeilnehmerInnen stammen aus den verschiedensten Ländern, von allen Kontinenten. Sie erleben, wie es ist, in ihrer Interkulturalität und Vielfalt zusammenzuleben. "Es geht darum, das zu spüren und zu erleben. Es zu referieren alleine würde nicht ausreichen", so Jenewein. Konflikte würden dabei immer wieder entstehen, können aber durch Gespräche wieder gelöst werden. Aktuelle politische Themen und Geschehnisse aus den Herkunftsländern der TeilnehmerInnen würden automatisch zu Lehrgangsthemen.

Gründungsidee: Geschichte Südtirols als Friedensmodell
Die Idee des Lehrgangs sei in einem Gedenkjahr der Abtrennung Südtirols entstanden, berichtet Jenewein. "1918 wurde Südtirol von Nordtirol abgetrennt. Da gab es Proteste und auch militärischen Widerstand Südtirols bei gleichzeitiger Repression Italiens. Heute ist Südtirol weitgehend autonom. Die Frage ist: Wie lässt sich dieses Beispiel auf andere Länder, beispielsweise auf Tibet übertragen? Inwiefern kann Südtirol als beispielhaftes Friedensmodell gesehen werden?" Eine Veranstaltung, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzte, sei vor über zehn Jahren der Grundstein des Lehrgangs gewesen. 

Weitere Lehrgänge zu Globalem Lernen
Mit dem Bildungskonzept Globales Lernen und dessen praktischer Realisierung setzt sich ein weiterer Lehrgang in Graz auseinander. Die Kirchliche Pädagogische Hochschule Graz, Südwind Steiermark und Welthaus Graz führen seit 2011 den Lehrgang "Globales Lernen - Pädagogik für WeltbürgerInnen" durch. Die TeilnehmerInnen beschäftigen sich mit global relevanten Themen wie Migration, Wirtschaft, Globalisierung, Ökologie und Klimawandel und suchen Handlungsalternativen im täglichen Leben. An der Universität Klagenfurt gibt es seit 2012 ab dem kommenden Wintersemester einen weiteren Lehrgang, der sich dieser Thematik widmet. Der Lehrgang Global Citizenship Education" verbindet erstmals Politische Bildung, Globales Lernen, Interkultruelle Bildung und Friedenspolitik miteinander.

In Kürze online: Magazin-Ausgabe zum Bildungskonzept "Globales Lernen"
Viele Menschen fühlen sich unsicher und orientierungslos hinsichtlich ihrer Lebens- und Handlungsmöglichkeiten in der "globalisierten Welt". Adäquate Bildungsangebote für Erwachsene tun längst not - doch noch scheint die Branche weit davon entfernt, über den nationalen Tellerrand hinaus gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar zu machen. Zu diesem Resümee gelangen zumindest einige AutorInnen in der Ausgabe 16 des "Magazin erwachsenenbildung.at", das Ende des Monats erscheinen wird. In einer Reihe von theorieorientierten Abhandlungen und praktischen Beispielen wird daher versucht, das Konzept Globales Lernen für die Erwachsenenbildung fruchtbar zu machen. Herausgegeben wird das Magazin von Heidi Grobbauer (KommEnt), Hakan Gürses (ÖGBP) und Stefan Vater (VÖV).
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