International gültiges Qualitätsmodell für die Erwachsenenbildung

19.06.2012, Text: Michaela Schneider, BFI Österreich
Seit Ende 2010 gibt es eine ISO-Norm für die Aus- und Weiterbildung. Nun dürfen auch erste Unternehmen in Österreich diesen Standard zertifizieren.
Spannend für die Erwachsenenbildung
Die ISO 29990:2010, "Lerndienstleistungen für die Aus- und Weiterbildung – Grundlegende Anforderungen an Dienstleister", formuliert Mindestansprüche – erstmals speziell für Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. "Damit ist es gelungen, einen Qualitätsstandard für Bildungsdienstleister international konsensfähig zu machen und in einer grundlegenden Zertifizierungsnorm zu vereinheitlichen", freut sich DI Franz Gruber, Geschäftsführer der SystemCERT Zertifizierungsgesellschaft m.b.H. Anders als etwa die ISO 9001 konkretisiert die ISO 29990 die Dienstleistung und rückt Lernende, Lernergebnisse und Service in den Fokus. Wesentliche Elemente sind dabei

  • das Ermitteln des Lernbedarfs,
  • das Planen von Lerndienstleistungen,
  • das Erbringen von Lerndienstleistungen,
  • das Monitoring von Lerndienstleistungen und
  • die Evaluation durch den Lerndienstleister.

Das kann die ISO 29990

Für die Aus- und Weiterbildungsbranche und ihre KundInnen ist die ISO 29990 wichtig. Den Nutzen bringt Uwe Hackl, ebenfalls Geschäftsführer und Qualitätsbeauftragter bei SystemCERT, auf den Punkt: "Einerseits schafft sie durch die Berücksichtigung anderer relevanter Modelle wie z. B. des PAS 1037 QM-Stufenmodells und der Kompatibilität mit der ISO 9001:2008 eine dezidiert umfassende Basis; andererseits wirkt sie den unzähligen individuellen Qualitätsmodellen der Aus- und Weiterbildung zu Gunsten der KundInnen entgegen." Das Angebot an qualitativ hochwertigen Schulungen ist für bildungsinteressierte Einzelpersonen und Unternehmen leichter überschaubar, und für Bildungseinrichtungen lässt sich der neue Standard ohne großen administrativen oder finanziellen Aufwand in bereits bestehende Qualitätsmanagementsysteme integrieren. Das Plus? Laut Expertenmeinung ein deutlicher Wettbewerbsvorteil.

Wer zertifiziert Qualitätsmanagementsysteme nach ISO 29990?
Unter den wenigen Zertifizierungsstellen, die beim Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend für die Zertifizierung von Managementsystemen nach ISO 29990 akkreditiert sind, ist auch die SystemCERT Zertifizierungsgesellschaft m.b.H. Das österreichweit tätige Unternehmen mit Sitz in Leoben zertifiziert darüber hinaus nicht nur verschiedene andere Managementsysteme – beispielsweise nach EN ISO 9001, EN ISO 3834-2, -3, -4, EN 15085-2, OHSAS 18001, SCC/SCP, EN 1090-1 –, sondern auch Personen bzw. deren Kompetenzen. Diese Kompetenzzertifikate basieren ebenfalls auf einem internationalen Standard, der ÖNORM EN ISO/IEC 17024. Ausbildungen im Bereich Qualitätsmanagement, die zu anerkannten Abschlüssen mit Zertifikat führen, runden das Angebot von SystemCERT ab.

Die wachsende Bedeutung von Qualitätssicherung in der Erwachsenenbildung
Dass Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Erwachsenenbildung ein Thema sind, lässt sich schon an der Fülle bestehender Qualitätssiegel ablesen. Um einen Überblick über diese verschiedenen qualitätssichernden Ansätze zu geben, entwickelten ExpertInnen des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, der Länder und der Erwachsenenbildung gemeinsam einen Qualitätsrahmen für die Erwachsenenbildung (Ö-Cert). Weitere Zielsetzungen von Ö-Cert sind

  • die Förderung von Transparenz,
  • die Sicherstellung der gegenseitigen überregionalen bzw. länderübergreifenden Anerkennung der einzelnen Verfahren und
  • die fortgesetzte Professionalisierung der österreichischen Erwachsenenbildung.

Der Qualitätsrahmen ist seit 1. Dezember 2011 in Kraft. Zu den externen Testaten, mit denen sich Erwachsenenbildungseinrichtungen um das Ö-Cert und damit um die Aufnahme in ein Verzeichnis von Qualitätsanbietern bewerben können, zählen u. a. die ISO 9001 und die ISO 29990.

Der Qualitätsgrundsatz an den BFIs
Hinsichtlich international anerkannter externer Qualitätstestate kommt den Berufsförderungsinstituten in der österreichischen Erwachsenenbildung eine Vorreiterrolle zu. Schon Anfang der 1990er Jahre wiesen die ersten BFIs die Wirksamkeit ihrer Qualitätsmanagementsysteme und deren Konformität mit der ISO 9001 in mehrstufigen unabhängigen Begutachtungsverfahren nach und erhielten als Bestätigung dafür ein Zertifikat. Seither arbeiten sie konsequent an der Verbesserung ihrer Dienstleistung und KundInnenorientierung. Inzwischen führen sie außerdem Qualitätssiegel der Länder bzw. neuerdings das Ö-Cert und überlegen, die Qualität ihres Bildungsangebots durch ein ISO-29990-Zertifikat zu unterstreichen. 2011 erfolgten in Österreich die ersten Zertifizierungen nach ISO 29990. Auch das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ), eine BFI-Tochter, ließ sich zusätzlich zur ISO 9001 entsprechend den Kriterien der ISO 29990 zertifizieren.
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