NQR: Vorbereitung für die Erwachsenenbildung

16.05.2011, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Die Nationale Koordinationsstelle tourte durch Österreich und informierte über den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR).
Großes Interesse der Erwachsenenbildung
Im April 2011 veranstaltete die Koordinationsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen in Österreich (NKS) Informations- und Diskussionsveranstaltungen in acht Bundesländern in Form einer "Road Show". Eingeladen waren VertreterInnen aller Bildungsbereiche, den größten Anteil der  insgesamt 335 BesucherInnen bildeten jedoch VertreterInnen der Erwachsenenbildung. "Es ist ein gutes Zeichen, dass das, was der NQR bieten kann, Interesse bei ErwachsenenbildnerInnen hervorruft", so Sonja Lengauer von der NKS, die - unterstützt durch Mitglieder der NQR Steuerungsgruppe - die Veranstaltungen bestritt.

Stand der Umsetzung des NQR
Seit geraumer Zeit wird daran gearbeitet, das formale Bildungssystem in den achtstufigen Qualifikationsrahmen einzuordnen. Man befinde sich gerade in einer "Simulationsphase", formulierte Lengauer im Rahmen der Road-Show. Ein grober Rahmen stehe fest und müsse nun durch die versuchsartige Einordnung von Qualifikationenen aus dem formalen Bildungssystem überprüft werden. Die Zuordnung des formalen Sektors soll bis längstens 2013 abgeschlossen werden und die Grundlage für die Arbeit an den non-formal erworbenen Qualifikationen bilden. Der non-formale Bereich - im NQR-Zusammenhang als "Korridor 2" bezeichnet - betrifft in erster Linie die Erwachsenenbildung/Weiterbildung.

Positive "Stimmung" zum Qualifikationsrahmen
"Kritische Stimmen gibt es viele, bei den Veranstaltungen war die Stimmung gegenüber dem NQR aber überraschend positiv", so Lengauer. Schon seit geraumer Zeit beschäftigen sich beispielsweise die Wiener Volkshochschulen mit der Zuordnung von Abschlüssen zum Qualifikationsrahmen. Auf Anfrage der Redaktion berichtet Elisabeth Brugger, Leiterin der Pädagogik der Wiener Volkshochschulen GmbH, sie sehe im NQR die Möglichkeit, das Image der Volkshochschulen zu erhöhen, indem die Praxis hochwertiger Angebote abgebildet werde und durch die Strukturierung des Angebots weiterbildungsferne Personen vielleicht besser angesprochen würden. Als Gefahr sieht Brugger, dass die auf verschiedene Bedürfnisse abgestimmte Angebotsvielfalt der Anbieterinstitutionen durch Standardisierung verloren gehen könnte. "Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass die zukünftige Förderwürdigkeit der Erwachsenenbildung durch die öffentliche Hand nicht auf die NQR-Kompatibilität reduziert wird", so Brugger weiter.

Weiterbildungsanbieter sollen Lernergebnisse formulieren
"Wie können sich Anbieter der Erwachsenenbildung schon jetzt auf den Nationalen Qualifikationsrahmen vorbereiten? - Macht es überhaupt Sinn, im jetzigen Stadium der NQR-Entwicklung auf die Andockung an den Rahmen hinzuarbeiten?" Diese Fragen aus der Erwachsenenbildung wurden im Rahmen der Road-Show von den VeranstalterInnen mit einem klaren Ja beantwortet. Sonja Lengauer zufolge können sich Anbieter der Erwachsenenbildung auf den NQR schon jetzt vorbereiten, indem sie Bildungsangebote lernergebnisorientiert beschreiben. Lernergebnisse müssten in einem weiteren Schritt glaubhaft den EQF-Deskriptoren gegenübergestellt werden, die auch für den NQR Gültigkeit haben. Genauere Erläuterungen - im Sinne von Kriterien der Zuordnung von Qualifikationen - werden in der Simulationsphase erprobt, sind aber vorerst noch nicht öffentlich verfügbar.

Erfahrungen mit lernergebnisorientierter Angebotsbeschreibung
Ein Beispiel hierzu: Die erwartete Einführung des NQR gab für die Wiener Volkshochschulen GmbH mit den Anstoß, ein Rahmencurriculum entlang der acht europäischen Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen zu erstellen, das eine horizontale und eine vertikale Ausrichtung hat und anschlussfähig an den NQR ist. Diese Arbeiten an einem Rahmen für die künftige Programmentwicklung wurden bereits 2009 in Zusammenarbeit mit dem Grazer Institut EDUCON durchgeführt. "Bis 2012 soll an der Erstellung einer Vertikalstruktur auf den acht NQR-Niveaus weiter gearbeitet werden. Parallel dazu bündeln wir Module zu Qualifikationen", so Elisabeth Brugger. Qualifikationen sollten dabei nicht nur berufsspezifisch gedacht werden, sondern auch übergreifend in der Systematik der Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen entwickelt werden.

Die Ausrichtung von Angeboten an Lernergebnissen erfordert Brugger zufolge ein Umdenken bei den Programmplanenden wie auch bei den Lehrenden. So werden seit dem Vorjahr bereits interne Fortbildungen zur lernergebnisorientierten Kursbeschreibung durchgeführt, wiederum in Zusammenarbeit mit EDUCON. Dabei wurden Mustertexte für die Kursausschreibung entwickelt, die in der Folge durch die pädagogischen AssistentInnen für die Programmhefte adaptiert wurden. Brugger: "Es war wichtig, auf die Hintergründe der Lernergebnisorientierung einzugehen, damit MitarbeiterInnen nachvollziehen können, wie eine Ausschreibung gestaltet werden soll".

NQR - Nationale Koordinationsstelle
Die Koordinationsstelle unterstützt die Verknüpfung der nationalen mit den europäischen Qualifikationsniveaus, fördert die Qualität und Transparenz zwischen beiden Systemen und leistet Öffentlichkeitsarbeit. Sie wird nähere Informationen zur Road-Show und zum NQR auf ihrer Website veröffentlichen.

Call for Papers: Qualifikationsrahmen und Erwachsenenbildung
Auch das "Magazin erwachsenenbildung.at" widmet sich im heurigen Jahr der Entwicklung des NQR. Herausgeber Lorenz Lassnigg, IHS, formulierte hierfür die provokante Frage, ob der Qualifikationsrahmen ein "Castle in the Cyberspace" - also ein Luftschloss - sei, oder aber ein Instrument zur Förderung der Erwachsenenbildung. Interessierte AutorInnen aus Praxis und Wissenschaft sind aufgerufen, bis spätestens 29. Juli einen Artikel einzureichen.
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