Niederschwelliges Bildungsprojekt Megaphon-Uni

13.04.2011, Text: Reinhard Lechner, Online-Redaktion
Menschen in sozial schwierigen Lagen nehmen Bildung gerne in Anspruch, das zeigt die "fünfte Grazer Universität" bereits seit 7 Jahren.
Durch die Vorträge und Workshops an der Megaphon-Uni gelangen BewohnerInnen der Grazer Sozialeinrichtungen zu universitärem Wissen. Gemeinsam mit ForscherInnen der Universitäten lernen sie Disziplinen und Inhalte der Wissenschaft kennen.

Auch bildungsbenachteiligte Milieus finden Wissenschaft spannend
Das Projekt Megaphon-Uni ist eine Initiative des Straßenmagazins Megaphon, der Caritas der Diözese Graz-Seckau und des Zentrums für Weiterbildung der Universität Graz und besteht seit 2004. Einmal pro Woche finden Veranstaltungen zu akademischen Themen entweder in einer Grazer Sozialeinrichtung oder an einer Grazer Universität statt. Kürzlich ging es beispielsweise um Entwicklungen im Asylrecht oder um das Sokratische Gespräch.

Ziel des Projekts ist, Bildungsbarrieren zu reduzieren. Die HörerInnen - Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen - erhalten kostenlos Zugang zum universitärem Bildungsangebot. Die Vortragenden wiederum können ihr Wissen einer neuen Zielgruppe vermitteln und erhalten Einblick in die Sozialeinrichtungen. Auch im freien Radio - dem regionalen Sender Radio Helsinki - wird über die Vorträge und Veranstaltungen berichtet.

Was die EU macht oder Flora und Fauna in Gösting entdecken
Die Megaphon-Uni läuft jeweils über ein Semester als Reihe. Das aktuelle Programm gestalten erneut WissenschafterInnen aus verschiedenen Fakultäten. Anita Prettenthaler-Ziegerhofer, tätig an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Graz und als Beauftragte für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, thematisiert die EU im Männerwohnheim. Franz Wolkinger, langjähriger Leiter des Instituts für Pflanzenphysiologie an der Uni Graz, begleitet eine Wanderung zur Burgruine Gösting, am Weg analysieren HörerInnen die Flora und Fauna des Waldgebietes. Außerdem am Programm stehen ein kulturgeschichtlicher Rundgang durch den jüdischen Friedhof und eine philosophische Reflexion von Krieg und Frieden im Museum der Wahrnehmung.

Neues Wissen erwerben und soziale Netzwerke knüpfen
Für rund 20 StammhörerInnen ist das Projekt zu einem Fixpunkt geworden. Sein Angebot strukturiert den Alltag von Frauen und Männern, die aufgrund ihrer Ausbildung, Herkunft oder sozialen Stellung sonst an das universitäre Bildungsangebot nicht herankommen. Projektleiterin Annelies Pichler und Projektkoordinator Armin Larndorfer sind nach eigenen Angaben kontinuierlich bemüht, thematische Wünsche der TeilnehmerInnen in das Programm einzuarbeiten.

Aus einer Evaluation gehen die Gründe hevor, nach denen die TeilnehmerInnen in den vergangen Jahren die Megaphon-Uni besuchten: Sie entwickelten und vertieften Interessen, sie frischten bereits Gelerntes auf und gelangten an aktuelle Informationen, sie trainierten das Gedächtnis, sie erprobten sich in Gruppensituationen und sie knüpften soziale Netzwerke. Auf Anfrage der Redaktion berichtet Larndorfer, die HörerInnen wünschten sich etwa mehr Kontinuität in Form vertiefender Forschungswerkstätten.

Motto "Bildung ohne Grenzen"
Die Megaphon-Uni konzentriert sich auf Menschen, die in puncto Bildung oftmals negative Erfahrungen gemacht haben. Dank des Angebots können sie die universitäre Wissensentwicklung lernend mitverfolgen. Damit löst das Projekt Bildung als Menschenrecht auf pädagogischer Handlungsebene konkret ein. Die Megaphon-Uni ist an einer wichtigen Schnittstelle zwischen Erwachsenenbildung und Gesellschaftspolitik platziert und wurde dafür mit dem "Preis des Landes Steiermark für lebensbegleitendes Lernen 2008" ausgezeichnet.

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