"Entwicklung und Qualität gehen vor"

14.02.2011, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung qualifiziert ErwachsenenbildnerInnen. Ein Interview mit bifeb-Programmplaner Christian Ocenasek.
Das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung - bifeb gilt in der Fachwelt als Impulsgeber für Entwicklungen im Erwachsenenbildungssektor. Wie gehen Sie und Ihre KollegInnen bei der Zusammenstellung des Bildungsprogramms vor?

Ocenasek: Das bifeb hat einen klaren Bildungsauftrag, der über das Erwachsenenbildungs-Förderungsgesetz definiert ist. Es ist eine nachgeordnete Dienststelle des Unterrichtsministeriums und orientiert sich daher auch an dessen Auftrag. In der Ausformung dieses Auftrages ist das bifeb und hat sehr viel Definitionsmacht. In letzter Zeit, seit Grete Wallmann das Haus übernommen hat, hat es aus meiner Sicht deutlich an Profil gewonnen. Wir nehmen das Programm jetzt stärker selber in die Hand, machen ein bisschen weniger und das dafür sehr stark selbstbestimmt.

Bei den Bildungsmaßnahmen im engeren Sinn orientieren wir uns am Kompetenzcurriculum der Weiterbildungsakademie Österreich (wba). Hierzu zählen Grundlagen der Erwachsenenbildung und die vier Berufsgruppen Management, Beratung, Training/Gruppenleitung/Lehre und Bibliothekswesen. Ein zweiter großer Themenbereich sind gesellschaftliche Herausforderungen, Entwicklungslinien und der Aufbau von Netzwerken für bildungsrelevante Aufgaben. Wir orientieren uns auch am Leitsatz: Entwicklung und Qualität vor Quantität. Es geht also nicht um den "Verkauf" von Veranstaltungen, sondern Ziel ist durchaus, dass andere Institutionen das, was in diesem MultiplikatorInnenschulungsinstitut entwickelt wird, übernehmen.

Ist das ein Diskussionsprozess, in den alle ProgrammplanerInnen Ideen einbringen können?

Es ist eine Mischung aus Fortschreiben dessen, was besteht und Hinterfragen des Bestehenden. Über den Diskurs kommen auch neue Thematiken dazu. Beispielsweise gibt es einen Beschluss, dass wir als bifeb Grundlagen der Erwachsenenbildung für wba-Studierende einmal im Jahr anbieten. Das wird in den nächsten 5 bis 10 Jahren genau so bleiben, macht auch Sinn. Konzeptionell ist es keine Herausforderung, allerdings ist meine Aufgabe zu reflektieren: "Ist es noch passend?"

Wie viele Freiheiten haben Sie, Ihre eigenen Ideen in das Programm einzubringen?

Ocenasek: Ausgehend vom Bildungsauftrag habe ich alle Freiheiten. Ich orientiere mich an der Idee, die da ist. So lange ich die Verantwortung dabei übernehme, wird das auch sehr gutiert. Eine Eigenart von mir ist es sicher auch, Dinge kritisch zu hinterfragen. Ich denke, solange es nicht klar ist, wofür wir es tun, tun wir es lieber nicht.

Und mit Blick auf die Zukunft: Können Sie einen Trend ausmachen im Bildungsprogramm, oder eine Vorschau auf 2011 geben?

Ocenasek: Ich glaube, dass der Bereich "gesellschaftliche Herausforderungen" mehr an Bedeutung gewinnen wird, z.B. Gemeinwesenarbeit, der Dialog Lebenslanges Lernen, oder auch die Weiterentwicklung der Weiterbildungsakademie. Das sehe ich aber weniger unmittelbar im Bildungsprogramm. Im Bildungsprogramm selber steht dann vielleicht eine Tagung, aber die Tagung ist ein punktueller, sichtbarer Output der Auseinandersetzung. Das Unsichtbarere dahinter ist das Netzwerken, das an Themen Dranbleiben, Hellhörig-Sein bei Themen, in denen man Ansatzpunkte für politische Forderungen und Förderprogramme sieht.

Wo sehen Sie das bifeb im erwachsenenbildungspolitischen Diskurs der Zukunft?

Ocenasek: Wichtig ist, dass das bifeb im erwachsenenbildungspolitischen Diskurs an Bedeutung gewonnen hat. Hier sollte es auch weiterarbeiten. Mir wäre es auch durchaus Recht, wenn das über das Erwachsenenbildungspolitische hinaus geht und der Kontakt zu anderen Bildungsbereichen wie dem Schulsystem gesucht wird. Ein Beispiel: Aufgabe der Erwachsenenbildung ist es, Basisbildung zu machen, weil Schulen es verabsäumen, in dem Punkt gute Arbeit zu leisten. Die Erwachsenenbildung sollte hierbei aufschreien und sagen: Wir wollen nicht zur Reperaturwerkstätte der Mängel des Schulsystems werden! Aber das ist wirklich Zukunftsvision. Noch fehlen die Ansatzpunkte, wie das bifeb in so einer Diskussion eine Rolle spielen würde.


Dipl.-Ing. Christian Ocenasek studierte Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Er ist Supervisor, Coach und Organisationsberater. Seit 1996 ist er in der Erwachsenenbildung tätig, derzeit als Geschäftsfeldleiter im kooperativen System der österreichischen Erwachsenenbildung am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb) in Strobl.
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