Die Freien Radios Österreichs und ihr Bildungsauftrag

16.07.2010, Text: Andrea Joschtl, Online-Redaktion
Mit ihrem selbst gewählten Bildungsauftrag schließen die Freien Radios Österreich eine Lücke, die der öffentlich-rechtliche Sektor nicht füllen kann.
Helmut Peissl, der Obmann des Verbandes Freier Radios, meint, dass der gesellschaftliche Wandel und die Kommerzialisierung der Medienlandschaft zu einer Situation geführt haben, die es dem öffentlichen Rundfunk nicht mehr erlaubt seinen Bildungsauftrag vollständig zu erfüllen. Diese Lücke können die Freien Radios schließen. Deren Programm richtet sich vor allem an jene Bevölkerungsschichten, deren mediale Bedürfnisse vom kommerziellen Rundfunk nicht befriedigt werden.  

Bildungsauftrag der Freien Radios
Die Freien Radios erfüllen einen doppelten Bildungsauftrag. Sie bilden die HörerInnen und die MitarbeiterInnen. Laut Helmut Peissl ist der Bildungsauftrag selbst gewählt "und entspricht im weitesten Sinn einer Selbstverpflichtung als ‚Public Service von unten'. Das bedeutet, dass nicht von oben herab über das Programm entschieden wird.  Die Ausrichtung des Programms wird von unten her bestimmt und ergibt sich aus den lokalen Bedürfnissen.

Die Charta der Freien Radios beinhaltet Anliegen wie "Offener Zugang", "Partizipation" und "Gemeinnützigkeit/Nichtkommerzialität". Der Verband Freier Radios sieht die Mitgliedsradios als Lernorte zum Erwerb vielfältiger Kompetenzen. "Die Radios mit ihren vielfältigen Programmen sind Orte der Begegnung von ganz unterschiedlichen SendungsmacherInnen quer durch alle Altersstufen, kulturellen, sprachlichen und sozialen Gruppen", so Helmut Peissl. Mit KollegInnen der UNI Wien arbeitet er derzeit an einer Studie zum "Public Value" Freier Radios. Diese wird im Herbst vorgestellt.

Projekte der Freien Radios
Zurzeit liegt das Hauptaugenmerk des Verbandes Freier Radios auf den Projekten "Zumutbar", "Radiodialoge" und der Grundtvig Lernpartnerschaft "Intercultural Media Literacy".

Das Projekt "Zumutbar" läuft unter dem Motto "Unsere Meinung ist zumutbar" und ist ein gemeinsames Projekt der vierzehn Freien Radios in Österreich im Rahmen des Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. In den Freien Radios werden schon seit zehn Jahren Beiträge zu den Themenbereichen Armut und Armutsbekämpfung produziert.

Unter dem Namen "Radiodialoge - Stimmen der Vielfalt" werden Sendungen ausgestrahlt, an denen Personen mit und ohne Migrationshintergrund mitarbeiten und teils mehrsprachige Radiomagazine produzieren. Das Ziel dieser Reihe, die von allen Freien Radios mitgestaltet wird, ist die Stärkung der gesellschaftlichen und medialen Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund.

Der Verband Freier Radios Österreich war im Rahmen eines Sokrates-Projektes (Programm Grundtvig Lernpartnerschaft "Intercultural Media Literacy") an der Erstellung eines TrainerInnenhandbuches "InterMedia" beteiligt. Die "Intercultural Media Literacy"-Lernpartnerschaft soll es ermöglichen, mit den Partnern aus Irland, Deutschland, Schweiz, Österreich und Ungarn die Grundlage für eine Weiterentwicklung des Konzepts zu definieren. Ein weiteres Ziel ist die Vernetzung der interkulturellen Bildungskonzepte Freier Radios mit der Erwachsenbildung.

Freie Radios werden gefördert
Die Freien Radios werden seit 2009 gesetzlich gefördert. Heuer werden 1,56 Mio. Euro an Förderungen von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) ausbezahlt. Die Anträge müssen jedes Jahr neu gestellt werden. Der nichtkommerzielle Rundfunk wird unterstützt, da die Bedeutung der freien Radios für die Gesellschaft von der RTR nunmehr anerkannt wurde. Das Programmangebot wird durch die freien Radios deutlich vielfältiger und spricht alle Zielgruppen wie auch Randgruppen an, so Alfred Grinschgl, Geschäftsführer der RTR. Die geförderten Sendeschienen beziehen sich beispielsweise auf die Bereiche Volksgruppen, Kunst und Kultur, Gleichbehandlung und Generationen, Soziales und Information sowie multikulturelle Sendungen bzw. MigrantInnenradio.
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