Studie: Bildungswünsche benachteiligter Frauen

13.11.2009, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Bildungsbenachteiligte Frauen nehmen kaum an formalisierter Weiterbildung teil. Politische, strukturelle, soziale und persönliche Barrieren wirken hier zusammen.
"... weil für mich hat es sowieso nie Angebote gegeben" so lautet der Titel einer kürzlich erschienenen Studie über die Bildungswünsche und -bedarfe von nicht erwerbstätigten bildungsbenachteiligten Frauen mit Pflichtschule als höchstem Abschluss.

Von der Bildungspolitik bisher ignoriert
Die in der Studie untersuchte Gruppe wurde bisher wenig beachtet. "Die Studie finde ich deshalb bemerkenswert, weil eine bislang von der Bildungspolitik nicht wahrgenommene Gruppe - die der nicht erwerbstätigen, lernungewohnten Frauen - in den Fokus genommen und nach ihren Bildungswünschen und Lernbarrieren befragt wird", so äußerte sich Regina Rosc vom bm:ukk, Fördergeber der Erhebung, zur Studie.

Doppelt benachteiligt
Zudem handelt es sich bei der Gruppe von nicht erwerbstätigen, bildungsbenachteiligten Frauen um eine doppelt benachteiligte: Nichterwerbstätigkeit ist hierzulande oft mit gesellschaftlichem Ausschluss verbunden und Bildungsbenachteiligte nehmen selten an Weiterbildung allgemein teil und somit auch nicht an Weiterbildung, die sie beruflich verwerten könnten.

Gesellschaftlich tabuisiert
Die Autorinnen der Studie, Anna Stiftinger (agenda) und Doris Kapeller (Peripherie) weisen darauf hin, dass die Nichterwerbstätigkeit und ein geringer Bildungsabschluss tabuisiert werden: "

Wir haben von Anfang an gewusst, dass uns die Akquise von Frauen aus der Untersuchungsgruppe vor große Herausforderungen stellen würde. Dass es jedoch so vieler und vielfältiger Strategien bedurft hat, bis wir eine ausreichende Zahl an Interviewpartnerinnen vors Mikrophon gebracht haben, hat uns doch überrascht. Gleichzeitig zeigt es, wie sehr die Themen Nichterwerbstätigkeit und geringer Bildungsabschluss gesellschaftlich tabuisiert sind."

Ergebnisse: Zusammenspiel vielfältiger Gründe für Erwerbslosigkeit
Die Studie zeigt: Sowohl die Untersuchungsgruppe als auch die Gründe, warum die Frauen den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt nicht geschafft haben bzw. aus ihm herausgefallen sind, sind vielfältig. Vielfältig sind auch die Barrieren, sich an formalisierter Weiterbildung zu beteiligen. Barrieren auf politischer, struktureller, sozialer und persönlicher Ebene wirken zusammen. Es mangelt an geeigneten Lernangeboten und an persönlichen Perspektiven auf dem Erwerbsarbeitsmarkt. Viele Frauen aus der Untersuchungsgruppe haben in der Vergangenheit negative Lernerfahrungen gemacht, viele waren lange Zeit von Erwerbsarbeit und Weiterbildung abwesend. Hinzu kommen die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und ihre Folgen.

Empfehlungen auf Basis der Ergebnisse
Für die Autorinnen der Studie sind die Ergebnisse der Studie ganz und gar nicht erfreulich. Um so wichtiger erscheint es ihnen, dass bildungs- und arbeitsmarktpolitische AkteurInnen längerfristige Strategien entwickeln, die diese Frauen beim Wiedereinstieg in formalisierte Lernprozesse unterstützen und ihnen Perspektiven für eine berufliche Aus- und Weiterbildung ermöglichen. Ziel dieser bildungspolitischen Aktivitäten sollte eine existenzsichernde Erwerbsarbeit sein. Die Autorinnen der Studie halten eine Vielzahl an konkreten Empfehlungen für derartige Aktivitäten bereit. Diese richten sich nicht nur an bildungspolitische AkteurInnen, sonden auch an Bildungsberatungsstellen, an Einrichtungen der Erwachsenenbildung, an Interessensvertretungen und an VertreterInnen von Berufsgruppen.

Erhebungsdesign
Eine Besonderheit der Studie ist auch das Erhebungsdesign. Es inkludiert die Untersuchung von Nichterwerbstätigkeit in unterschiedlichen Konzepten, die Auswahl und deskriptive Beschreibung dreier Modellregionen in Österreich, die Durchführung von ExpertInneninterviews und die qualitative Befragung einer Stichprobe aus der Untersuchungsgruppe. Letztere habe nach Aussage der Autorinnen wertvolle Informationen über ihr Lernen und ihre Lernanlässe geliefert.

Hintergründe
Die Studie wurde im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft "learn forever - Lebenbegleitendes Lernen im Zeitalter der Informationsgesellschaft - neue Wege mit Frauen" durchgeführt. Sie wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) gefördert.

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